Steuerzahler finanziert Machtwechsel

Freie Wähler verlassen überraschend die Kooperation in Kelsterbach

Presseerklärung der Fraktionen der WIK, CDU und DIE LINKE/EUK in der Stadtverordnetenversammlung Kelsterbach – 7. Juni 2012

Seit Mai 2011 herrschte im politischen Kelsterbach Aufbruchstimmung: Die langjährige absolute Mehrheit der SPD war  bei den Wahlen im März beendet worden und eine Kooperation aus vier Fraktionen machte sich daran, die alten Machtverhältnisse aufzubrechen. Am Beginn der Kooperation formulierten wir: „Ziel dieser Zusammenarbeit ist es, Transparenz in die politische Willensbildung zu bringen, demo­kratische Spiel­regeln zu gewährleisten, eine faire Chance für sachbezogene Politik in Kelsterbach zu schaffen und so die politische Kultur in der Stadt nachhaltig zu verändern.“

In 13 Monaten harter Arbeit haben wir viel erreicht. Zunächst wurden die Bücher geöffnet. Schnell war klar, wie sorglos die SPD mit dem Geld der Bürgerinnen und Bürger umgegangen war. Geschockt darüber, wie locker Steuermittel in den letzten Jahrzehnten ausgegeben worden waren und in Sorge um die schnell schmelzenden Rück­lagen der Stadt, setzte sich die Kooperation intensiv mit dem Haushalt auseinander und entwickelte Spar­­vorgaben. Im Ergebnis konnte das Haushaltsdefizit halbiert werden. Dabei wurde darauf geachtet, dass zunächst in der Verwaltung der Stadt gespart wird – bevor man Kürzungen erwägt, die direkt die Bürger betreffen. Und die Kooperation gab den Weg vor, eine zukünftige Verschuldung Kelsterbachs zu verhindern.

Es wurden auch zahlreiche Beschlüsse zu wichtigen Sachfragen verabschiedet. Jede Fraktion brachte dabei Vorschläge ein und am Ende standen stets Alle hinter den Beschlüssen, auch im Parlament. Das nächste wichtige Vorhaben der Kooperation sollte das Organisieren einer breiteren Bürger­beteiligung in der Kom­munalpolitik werden. Wichtige Veränderungen sollten direkt mit den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt sowie mit betroffenen Interessengruppen wie z.B. den Vereinen diskutiert werden.

Mitten in einer bisher vertrauensvollen, konstruktiven und professio­nellen Zusammenarbeit wurden die Kooperations­partner am 6.6.2012 von der Nachricht überrascht, dass die Freien Wähler die Kooperation aufkündigen  –   ohne Kommunikation, ohne Aussprache mit den Partnern und ohne triftige Gründe zu nennen.

Aus der Presse erfuhren wir dann von dem – offensichtlich seit längerem vorbereiteten – Koalitions­vertrag mit der SPD. Wir können nur spekulieren: Waren den Freien Wählern die Abstimmungs­prozesse mit den recht unterschiedlichen Partnern zu mühselig? Wollten sie keine Kompromisse mehr schließen? Hatten sie Angst vor den nun anstehenden Diskussionen mit der Bürgerschaft und den Vereinen der Stadt? Oder kam zu wenig für das „Wählerklientel“ der Freien Wähler heraus? Wir wissen es nicht.

Eins ist aber klar: Einem zusätzlichen hauptamtlichen Magistratsposten oder Wahlgeschenken an einzelne Wählergruppen hätten die anderen Kooperationspartner nicht  zuge­stimmt. Allein der neue „Stadtrat für Integration“, seine Mitarbeiter und die anderen ange­kündigten neuen Posten werden den Kelsterbacher Steuerzahler in den nächsten vier Jahren weit über eine Million Euro kosten. Geld, das wir nicht haben!

Wie die Bürger der Stadt das Zustandekommen und die ersten Entscheidungen der neuen Koalition bewerten, bleibt jedem Einzelnen überlassen. Muss es angesichts der angespannten Haushaltslage z.B. wirklich eine dritte hauptamtliche Stadtratsstelle geben? Vor einigen Jahren fiel der SPD bereits der Nachweis schwer, dass es neben dem Bürgermeister einen hauptamtlichen 1. Stadtrat geben muss. Und nun dies?

Wir befürchten: Die Gespenster der Vergangenheit stehen wieder auf: Die SPD kann nun mit Hilfe der Freien Wähler fortsetzen, was sie über Jahrzehnte gerne getan hat: Geld ausgeben, Transparenz behindern und Klientelpolitik betreiben – koste es, was es wolle.

Wir sind sicher, dass wir in 13 Monaten Verantwortung für Kelsterbach wertvolle Weichen stellen konnten, hinter die auch die neue Koalition aus SPD und Freien Wählern nicht zurück kann. Wir sind dankbar für eine wichtige Zeit der Politik­gestaltung für Kelsterbach.

Wir achten die Spielregeln der Demokratie und stellen uns den neuen Herausforderungen. Die nächste Gelegenheit, die neuen Mehrheitsverhältnisse zu korrigieren, bietet nun die Bürgermeister­wahl im Sommer 2014 und die nächste Kommunalwahl im Frühjahr 2016.

Schreibe einen Kommentar