Anfrage an den Magistrat zu Erschließungskosten Gartenstraße und Baugebiet Länger Weg II und III

Anfrage der Stadtverordneten Tanja Mohr, DIE LINKE

Im Oktober 2016 erhielten Anlieger der Gartenstraße Bescheide über den endgültigen Erschließungsbeitrag. Die Kosten für den Endausbau der Gartenstraße sind demnach um 50% gegenüber der ursprünglichen Kostenschätzung gestiegen. Die Eigentümer wurden erst nach 7 Jahren damit konfrontiert, dass ihr Erschließungsbeitrag immens ansteigt – mit einer Zahlungsfrist von vier Wochen.

Schon häufiger kam es in der letzten Zeit vor, dass sich Anwohner über Kostenbescheide beschwerten, die Kommunikation und den Umgang der Verwaltung kritisierten und unerwartet große Summen aufbringen mussten.

Die Gartenstraße ist eine verhältnismäßig kleine Erschließungsanlage. Vor dem Hintergrund der umfangreichen Baumaßnahmen, die demnächst in den Neubaugebieten Länger Weg II und III durchgeführt werden, frage ich zu den Themen Erschließung, Vergabepraxis und der Arbeit der Verwaltung.

Zum Endausbau der Gartenstraße

1.       Das Ingenieurbüro Kolb & Küllmer wurde mit der Planung, Durchführung und Überwachung des Endausbaus der Gartenstraße beauftragt. Erläutern Sie die Arbeitsteilung zwischen Verwaltung und dem Planungsbüro. Wer übernimmt hier welche Aufgabe (z.B. Ausschreibungen) und wie wird die Arbeit des Planungsbüros von der Verwaltung überprüft und überwacht?

2.       In den Bescheiden über eine Vorausleistung auf den Erschließungsbeitrag vom November 2009 wurde ein voraussichtlicher beitragsfähiger Erschließungsaufwand in Höhe von 100.200,00 Euro ausgewiesen. Wie und auf welcher Grundlage waren die voraussichtlichen Kosten zu diesem Zeitpunkt berechnet worden?

3.       In welchem Zeitraum wurde die Maßnahme (Endausbau der Straße) ausgeführt? Wann wurde die Straße fertiggestellt?

4.       Das Planungsbüro gibt für den Kostenanstieg verschiedene Gründe an. Die Kosten seien demnach gestiegen, weil im Rahmen des Endausbaus des Länger Weges II und III die Gartenstraße als kleine Maßnahme vorgezogen worden sei. Eine kleine Maßnahme sei immer teurer, als große Maßnahmen.
Inwieweit muss dem Magistrat klar gewesen sein, dass ein Vorziehen der Baumaßnahme zu einem Anstieg der Kosten führen würde?

5.       Als weiterer Grund wird angegeben, dass die Ausschreibung seitens der Stadt in die Sommermonate verschoben wurde, wobei „immer mit Preissteigerungen von 25-30% zu rechnen“ sei. Der Hinweis auf die Verabschiedung des Haushaltes kann in diesem Zusammenhang nicht gelten, da der Haushalt in dem betreffenden Jahr nicht später als in anderen Jahren beschlossen wurde. Warum hat die Verwaltung für den Zeitpunkt der Ausschreibung nicht einen günstigeren Zeitpunkt gewählt? Hat der Magistrat, wie vom Planungsbüro insinuiert, damit bewusst einen Kostenanstieg in Kauf genommen?

6.       Weiter wird angegeben, dass die Maßnahme nicht, wie ursprünglich geplant, unter Vollsperrung durchgeführt wurde, sondern wegen „einiger Anwohner“ in zwei Teilabschnitten, was wiederum zu einer Abweichung der kalkulierten Kosten geführt habe. War dies nun ein Fehler in der Planung, da eine wochenlange Vollsperrung nicht zumutbar ist, oder wurde hier lediglich dem Wunsch „einiger Anwohner“ entsprochen? Wer hat die Entscheidung über die Teilabschnitte getroffen? In welcher Höhe sind aus diesem Grund die Kosten angestiegen?

7.       Schließlich heißt es, bei der Kostenkalkulation seien die Straßenbeleuchtung und die Planungshonorare vergessen worden. Wer ist hierfür verantwortlich?

8.       Welche der Leistungen beim Ausbau der Gartenstraße wurden ausgeschrieben? Welche Ausschreibungsform wurde gewählt? Bitte die damaligen Ausschreibungsunterlagen und Protokolle der Vergabe beifügen (falls diese teilweise nichtöffentlich zu behandeln sind, bitte kenntlich machen).

9.       Welches Gremium, bzw. Fachausschuss hat wann die Ausführung der Aufträge beschlossen?

10.   Mit welchen vertraglichen Vereinbarungen hat die Stadt Kelsterbach gegenüber den ausführenden Baufirmen Kostensteigerungen ausgeschlossen, bzw. vermindert?

11.   Zu welchem Zeitpunkt war der Verwaltung bekannt, dass die Kosten den zuvor errechneten Rahmen übersteigen werden?

12.   Was sind die Gründe, dass zwischen Fertigstellung der Baumaßnahme und Festsetzen der Erschließungsbeiträge sechs Jahre vergangen sind?

13.   Warum wurden die betroffenen Grundstückseigentümer nicht früher über Kostensteigerungen informiert?

Zu Erschließungskosten im Baugebiet Länger Weg II und III allgemein

1.       Hat der Magistrat zu diesem Zeitpunkt Kenntnisse, ob die Kosten gegenüber der früheren Kalkulation steigen werden?

2.       Die Verwaltung gibt geschätzte Erschließungskosten von 9,265 € bis 58,863 Euro pro Quadratmeter zulässige Geschossfläche an. Wie kann es sein, dass die Kosten in einigen Bereichen sechsfach höher sind, als bei den Günstigsten?

3.       Ist es das Ziel des Magistrates die Erschließungskosten gleichmäßiger umzulegen? Welche Anstrengungen unternimmt der Magistrat hierzu?

4.       Welche juristischen Auseinandersetzungen führt die Stadt Kelsterbach derzeit mit Eigentümern des Baugebietes Länger Weg II und III im Zusammenhang mit Erschließungsbeiträgen oder dem Bau der Lärmschutzwand?

5.       Welche Formen der Bürgerbeteiligung plant der Magistrat im Zusammenhang mit dem Endausbau des Neubaugebietes?

6.       Wie ist der zeitliche Ablauf zum Endausbau?

7.       Welche Maßnahmen unternimmt der Magistrat, um betroffene Eigentümerinnen und Eigentümer besser und schneller zu informieren?

8.       Die Vorgänge in der Gartenstraße weisen darauf hin, dass es in der Projektplanung und Projektabwicklung erhebliche Defizite gegeben hat. Was unternimmt der Magistrat, um die vorgekommenen Fehler zukünftig zu vermeiden?

9.       Was tut der Magistrat, um künftig die Dauer von mehreren Jahren zwischen Fertigstellung der Baumaßnahme und Berechnung der Umlagen zu verkürzen?

Zur Vergabepraxis

1.       Häufig ist die Fa. Merten mit Baumaßnahmen im Stadtgebiet anzutreffen. Auf welcher Grundlage erfolgt die Beauftragung (Ausschreibungen, vertragliche Vereinbarungen, Laufzeiten)?

2.       In welchem Umfang wurden von 2010 bis 2015 Arbeiten an die Fa. Merten vergeben? Listen Sie bitte die Jahressummen auf. Wie viel davon wurde jeweils ausgeschrieben?

3.       Es wird davon berichtet, dass Fahrzeuge und Baumaschinen der Fa. Merten an oder auf privaten Grundstücken städtischer Mitarbeiter gesehen worden seien. Wie bewertet der Magistrat diese Vorgänge?

4.       Welche Regularien, Statuten und Leitfäden befolgt die Stadt Kelsterbach zur Prävention von Korruption bei der öffentlichen Auftragsvergabe?

Ich bitte um schriftliche Beantwortung der Fragen.

Antwort des Magistrats

Der Magistrat hat die Anfrage zur Stadtverordnetenversammlung am 15.05.2017 beantwortet. Ob die Stadtverwaltung sorgsam mit dem Thema Erschließungskosten und dem Geld ihrer Bürgerinnen und Bürger umgeht, dürfte nach der Lektüre der Antworten, weiter offen sein.