Was darf eine Treppe kosten?

Premiere: Bei der Planung der Treppenrenovierung an der Kirschenallee wird der Kostenrahmen bereits gesprengt, noch bevor das Budget verabschiedet wurde. Statt geplanter 350.000 Euro beläuft sich der erste Kostenvoranschlag auf 641.000 Euro.

In Kelsterbach ist man es schon gewohnt, dass die Kosten aus dem Ruder laufen, normalerweise aber erst im Nachhinein. Zum Beispiel wird sich der Betrag für den Kunstrasenplatz im Sportpark auf 1,6 Mio. Euro summieren – Planungskosten nicht eingerechnet. Ursprünglich war man von 1,2 Mio. Euro ausgegangen.

Die Treppe an der Kirschenallee

Über 600.000 Euro also für den Treppenneubau. Ein stolzer Preis, wenn man bedenkt, dass man bereits für 200.000 Euro ein schlüsselfertiges Reihenhaus auf dem Enka-Gelände haben kann – Treppen inklusive.

Bei öffentlichen Bauvorhaben kommen ganz schnell hohe Beträge zusammen – und viele Planer, Büros und Firmen verdienen gut daran. Denn die Kostenberechnung führt nicht etwa das Bauamt der Stadt selbst durch. Nein, es beauftragt damit ein Ingenieurbüro. Dessen Aufstellung enthält Positionen wie etwa eine Baustelleneinrichtung für 34.000 Euro oder eine Natursteinverkleidung für 120.000 Euro. Es kommt am Ende auf 641.000 Euro inklusive Mehrwertsteuer. Die Ingenieure verdienen daran natürlich mehr, als würde die Treppe weniger kosten. Auf dieser Grundlage wird eine Ausschreibung durchgeführt – das ist vorgeschrieben. Man kann schon erahnen, zu welchem Ergebnis das führen wird.

An diesem Punkt ist es schon viel zu spät: Denn die kreative Leistung, die muss vorher kommen: Welche Lösung ist gut und günstig? Welche Alternativen gibt es? Welche Materialien können verwendet werden? Wie sind die Örtllichkeiten? Gibt es weitere Optionen, die nicht bedacht wurden? Fragen, die sich jeder Privatmensch stellen würde, stellt sich die Bauverwaltung offenbar nicht. Kein Wunder, es ist ja nicht das eigene Geld, das ausgegeben wird.

Baupfusch: die neue Treppe an der Höllenstraße

Die Kostenberechnung des Ingenieurbüros hat eine weitere Dimension. Das gleiche Büro war mit der kürzlich fertiggestellten Treppe in der Höllenstraße befasst. Es begleitete den 180.000 Euro-Bau. War von der Stadt mit der Bauleitung, Überwachung und Abnahme beauftragt. Die WIK hatte im Januar auf die schlechte Verarbeitung des Betons und mögliche Folgeschäden hingewiesen. Das Büro erklärte, dass es sich um einen frost- und tausalzbeständigen Beton handele, der „nicht zu stark gerüttelt“ werden solle.

Nach Recherchen der WIK trifft diese Aussage aber nicht zu. Diese Spezialbetone weisen durch Zusatzstoffe die benötigten Luftporen auf und müssen verdichtet und gerüttelt werden wie jeder andere Beton auch. Dieses Ergebnis wirft die Frage auf, inwieweit die Stadt den von Ihnen beauftragten Büros vertrauen darf. Müsste man nicht viel kritischer nachhaken und hinterfragen? Darf man, nachdem man eine schlechte Erfahrung gemacht hat, unbeirrt auf die gleiche Firma setzen? Sollten wir diesem Büro weiterhin unser Vertrauen geben? Das Bauamt der Stadt Kelsterbach hat sich mit den Treppen bisher keine Lorbeeren verdient. Wir können nur hoffen, dass sich das ändert.