Wenig Engagement bei der Stadt

Deutsche Bahn stellte Planung für den Bau von Lärmschutzwänden vor. Anwohner verärgert! Bürgermeister wenig vorbereitet.

200 Kelsterbacher durften sich Mitte Februar im Bürgerhaus wie Versuchskaninchen fühlen, als die Deutsche Bahn ihre Planungen zum Lärmschutz vorstellte. „Wir führen diese Veranstaltungen durch, um etwas über die Stimmung in der Bevölkerung zu erfahren“, sagte die Projektleiterin der DB Projektbau, Sabine Weiler. Und die Stimmung war alles andere als freudig überrascht.

Die Bahnlinie durchschneidet Kelsterbach. Infos zu den geplanten Lärmschutzwänden in der Präsentation der DB Projektbau

Sie präsentierte routiniert die Bedingungen für die „Lärmsanierung an bestehenden Schienenwegen des Bundes“ und die Planungen für Kelsterbach. Diese sehen die Errichtung von Lärmschutzwänden aus Aluminium auf beiden Seiten der Bahnlinie vor. Das Programm bezuschusst darüber hinaus auch „passive Maßnahmen“, wie zum Beispiel den Einbau von Schallschutzfenstern. Leider soll es erst 2016/2017 umgesetzt werden. Die Durchführung der Maßnahmen orientiert sich an klar definierten Berechnungsvorgaben und Förderrichtlinien. Gleich mehrfach stellte Weiler fest, dass es sich hierbei um freiwillige Leistungen des Bundes handele.

Die Anwesenden hatten sich deutlich mehr von der Veranstaltung erhofft. Sie wollten Antworten auf ihre berechtigten Fragen und Bedenken: Warum wird der Lärm nur berechnet und nicht gemessen? Wann kommen endlich die neuen, leiseren S-Bahn-Züge? Wie lange noch sollen wir den nächtlichen Lärm bremsender und anfahrender Güterzüge ertragen? Was ist mit der Schallreflektion an den Spundwänden? Was werden die Lärmschutzwände bewirken? Aus welchem Grund lässt Kelsterbach der Bahn freie Hand und bestimmt nicht mit?

Diese Fragen konnte die Projektleiterin nicht beantworten. Sie fühlte sich nur für ihr Programm zuständig. Nun wurde allzu deutlich, wie unzureichend Bürgermeister Ockel vorbereitet war. Die Bahnlinie, die Kelsterbach durchschneidet, bringt viele Probleme mit sich, die mit Lärmschutzwänden allein nicht zu lösen sind. Dass die Stadt sich stark machen müsste für Ihre Bürgerinnen und Bürger, dass sie diesen Prozess aktiv und engagiert mitgestalten müsste – zu dieser Einsicht ist man in der Verwaltung offenbar nicht gekommen. Dementsprechend blass wirkte unser Bürgermeister auf dem Podium. Da half es auch nicht anschließend Gespräche mit Bürger aus dem Gebiet Enka zu führen. Deren Häuser nehmen sämtliche Vibrationen der Züge auf nachdem mit dem Bau der Straße begonnen wurde.

Es schien, als habe das Rathaus in Sachen Bahnlärm jahrelang die Hände in den Schoß gelegt. Die Stimmung der Bevölkerung wurde offensichtlich nicht verstanden. Der offizielle Presseartikel der Stadt wiederholt einfach nur die Haltung der Bahn und weist ebenso auf die Freiwilligkeit des Programmes hin, als sei die Bevölkerung zu Dank verpflichtet. Dabei müsste die Frage lauten: Warum haben die Menschen keinen Rechtsanspruch auf Schutz vor dem Bahnlärm?

Die Planung zum Schallschutzprogramm ist auf der Website der Stadt abrufbar. Leider fehlen dort Erläuterungen. Und es fehlt der Hinweis, dass die Ergebnisse der Lärmuntersuchung – bezogen auf jedes einzelne Wohnhaus – auf dem Rathaus eingesehen werden können. Mit diesen Daten können sich Hausbesitzer ein Bild davon machen, welche passiven Schallschutzmaßnahmen für sie infrage kommen könnten.

In Raunheim hat man bereits großen Vorsprung. Der Grund: durch eigene schalltechnische Untersuchungen konnte die Dringlichkeit für die Lärmsanierung belegt werden. Frühzeitig machte man sich in unserer Nachbarstadt Gedanken um die Gestaltung und Anpassung der Lärmschutzanlagen. Dort hat die Verwaltung wohl ein besseres Gespür und Verständnis für die Nöte der unter dem Bahnlärm leidenden Anwohner.

Präsentation der DB Projektbau

Ergebnisse der Schalltechnischen Untersuchung der DB Projektbau

In den Lärmkarten ist mit roten Markierungen angegeben, bei welchen Häusern (bzw. Fassaden-Seiten) mit einer Überschreitung der Grenzwerte gerechnet wird. „Ohne Maßnahme“ sind die Karten mit dem Ist-Zustand, also ohne Lärmschutzwand. „Mit Maßnahme“ sind die berechneten Werte, die angenommen werden, wenn die Lärmschutzwand gebaut wurde.

Die roten Markierungen beziehen sich nicht immer auf die gesamte Fassade eines Hauses, manchmal betrifft es auch nur einzelne Stockwerke oder Fenster. Die genauen Daten können für jedes einzelne Haus im Rathaus eingesehen werden.